Rezitation statt Theater

VON ARNDT KREMER, 13.08.04, 20:10h

Szenischer Monolog von John Birke im Rahmen des Festivals „Ferienlager 04“.

Das „Ferienlager 04“ im Crowne Plaza Hotel hat Werkstatt-Charakter und verfährt nach dem Motto: Nichts ist wirklich ausgereift, aber wir zeigen es trotzdem. Innerhalb von lediglich zwei Wochen haben nun die Regisseure Philine Velhagen, Malte Jelden und Oliver Krietsch-Matzura den Monolog „Kurz bevor das Hirn rausspritzt, kapierst du das Leben“ von Autor John Birke (Jahrgang 1981) nacheinander szenisch bearbeitet.

Auch Birkes Text selbst ist ein Arbeitstext. Sein Ich-Erzähler verabscheut Erklärungen - und erklärt doch immerzu. Banales wie Unerhörtes. Er erklärt seine Hassliebe zu den Medien, und er erklärt, dass er Menschen getötet hat. In der Kausalitätskette fehlt indes mit der Ursache für die Morde das entscheidende Glied. Der Autor verweigert nähere Hintergründe, verweigert dabei aber auch eine Konturierung und Färbung seiner Figur. Sein obskurer Moralist palavert ausgiebig, aber wenig ergiebig. Er wirkt blass. Die Sprache könnte hier - ähnlich wie bei Albert Ostermaiers „Radio Noir“ - alles retten, und Birkes Text hat einige starke Momente. Meist aber sucht man vergeblich nach Sprachbildern, deren inhaltliche Geheimnisse oder wenigstens deren Klang lange genug nachhallen würden, um einen wenigstens bis zur eigenen Haustüre zu begleiten.

Rezitation statt Theater

Bei dieser Präsentation steht der Text derart im Vordergrund, dass am Ende vier Schauspieler auf Barhockern den gesamten Monolog von der Leinwand ablesen. Das ist dann allerdings kein Theater mehr, sondern Rezitation, zuweilen auch noch schlechte. Szenische Ideen bleiben Mangelware. Der eigentlich ganz nette Einfall, den Text reihum vom Publikum vorlesen zu lassen, verliert in dem Moment an Wirkung, da die Regie eingreift und das Mikro zur anderen Seite reicht. Entweder man steuert oder man gibt frei. Unheimlich und eindringlich ist es hingegen, wenn Kristina Brons und Sybilla Rasmussen als seilchenhüpfender Mädchenchor Birkes Leitbild von einer medial ausgeschlachteten Kindesmisshandlung grotesk untermalen. Da blitzt schauspielerisches Können auf.

Den Werkstatt-Charakter in allen Ehren - aber vielleicht sollten Autor und Regie sich künftig doch ein wenig mehr Zeit lassen
 

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