Attentat auf die Lieblingsfestplatte

VON ISABELL STEINBÖCK, 07:03h

Mo ist ein Computerfreak und stürzt sich von einem beruflichen Projekt ins nächste. Seine Ex, die Mo immer noch liebt, leidet am meistern unter der Unerreichbarkeit dieses Mannes, der wie ein Phantom nur auf Anrufbeantwortern präsent ist. „Doppelklick“, das dritte Stück, das im Rahmen des Theaterfestivals „Ferienlager 04“ auf dem Dach des Crown Plaza Hotels zur Uraufführung kam, beschreibt die Mediengeneration der 20- bis 30-Jährigen. Nikola Richter, selbst Ende 20, entwirft ein überzogenes Bild junger Leute, die so getrieben sind von Erfolgsdruck und Mobilität, dass sie sich selbst verlieren.

Chloé, Zoé, Schatz und Bruder betrachten die Welt als globales Dorf und versuchen krampfhaft, sich auch den letzten Winkel Leben zu erschließen. Die Identität bleibt auf der Strecke. Liebe stellt sich nur noch in sexueller Lust dar, Freundschaft ist nicht mehr als die persönliche Duftmarke, hinterlassen auf der Mobilbox der anderen. Oliver Krietsch-Matzura inszeniert das Drama mit Tempo, so dass die Aufführung trotz redundanter und unvollständiger Dialoge nicht langweilig wird. Die Zuschauer werden geradezu überrollt von der Fülle kommunikationsgestörter Kontakte. Sie können aber auch medial interagieren, wenn sie per SMS zum so genannten Flash Mob aufgefordert werden. Eine klassische Bühne gibt es ohnehin nicht. Das Hoteldach ist voll mit Sesseln, zwischen denen die Schauspieler agieren.

Wäre nicht Kristina Brons, die als Mos Ex wahre Gefühle zeigt und deren Einsamkeit sich wie ein roter Faden durchs Stück zieht, wäre „Doppelklick“ nicht mehr als eine angestrengte Inszenierung hysterischer junger Leute. Die Darstellung der verhärmten, jungen Frau verleiht dem Stück jedoch eine Tiefe, die bewegt. Rührend sind die Szenen, in denen sie von ihren Träumen erzählt: ein Wochenende mit ihrem Freund, gemeinsames Frühstück, aufmerksame Gespräche. Doch das Medienbusiness ist wichtiger. Am Ende träumt sie nicht mehr von Geborgenheit, sondern von einem Attentat - auf den Geliebten und auf seine Lieblingsfestplatte. Da hilft dann auch kein Doppelklick mehr.

Weitere Vorstellungen: am 30. Juli sowie am 2., 6., 9., 11., 18. und 19. August jeweils um 21 Uhr

 

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